Dan and the Old Hippies

 

Wie ich so von der Fähre stolpere und den Zettel mit Eileens Adresse und Mobilnummer verstaue, sehe ich Dan schon im Auto sitzen und warten…

Er begrüßt mich herzlich und wir lachen beide über das Missverständnis. Das Norm und Kim nicht in Okiato (der anderen Hafenseite von Opua) wohnen, sondern in Kawakawa, tut auch ihm leid. Kawakawa ist eher der Ort, wo die Einheimischen nicht gern wohnen. Die Stimmung dort ist nicht nur im Winter getrübt und die Einheimischen gelten als „to lazy“.

Ich schwinge mich ins Auto…. und ab geht’s. Dan ist so um die 60 und Amerikaner. Entweder hat er sich angepasst oder ich kann die verschiedenen Akzente immer noch nicht unterscheiden. Meistens verstehe ich eh erst nach ein paar Tagen mehr als nur den Kontext.

Wir fahren auf den Hügel von Opua und dann zweimal rechts wieder ein Stück hinunter. Das Haus liegt am Berg und ich staune nicht schlecht. Es ist nicht nur riesig, sondern hat auch Ocean-view. Noch vor ein paar Tagen bin ich, beim Erkunden des Ortes, genau diese Straße entlang gekommen. Das Rad musste ich schieben, so steil ist der Hang.

Überall Glas, und somit die Sicht über die Bay of Island ein Traum, egal wo Du im Wohnzimmer sitzt.

Seine Frau ist Japanerin und seit nun mehr als 2 Monaten genau dort um Ihre Mutter zu pflegen. Ihm ist langweilig und er vermisst die Kochkünste seiner Frau. Sein neues Hobby fühlt ihn nur bedingt aus, liegt vielleicht auch an der geringen Kaufkraft der Region.

Er hat viele Jahre als Computerspezialist in Japan gearbeitet und als er „genug hatte“ und nach einem Urlaub ihn die Gegend in den Bahn gezogen hatte, wild und schnell entschlossen dieses Grundstück gekauft, um das alte Haus neu zu bauen. Platz im Haus ist genug und so ist Platz für eine kleine Werkstatt und 70 importierte Gitarren, die er seit einigen Monaten in der Garage lagert. Seinen Aushang hatte ich im Supermarkt schon gesehen. Neben dem Verkauf repariert er auch Gitarren, das wiederum wird von den Locals gern genutzt, erspart das doch die Fahrt oder den Transport nach Whangarei oder Auckland.

Es ist Lunch time und Dan zaubert Sandwichs. Die belegten Brote sind nicht nur in Amerika ein „Big Deal“… ich sitze an der Bar und beobachte was alles zwischen den Brotscheiben verschwindet…

Als wir dann am Tisch sitzen, kommt die Chipstüte auf den Tisch und das wiederum verwundert mich. Dieses sorgfältig zusammengestellte Nahrungsmittel bekommt den Geschmack der trockenen kleinen Appetitmacher aufgebrumt. Ich verzichte… Dan haut rein.

Wir unterhalten uns über Opua, das Wetter, seine Erlebnisse in Japan, die verschiedenen Kulturen und die Musikszene in der Bay.

Ich soll doch am Freitag wieder kommen, wir können dann zur Musiknacht gehen. Gleich 2 Straßen weiter treffen sich jede Woche die Old Hippies der Region und machen gemeinsam Musik. Wenn ich an Hippies denke, denke ich an alt, Marihuana, lange Haare, Lagerfeuer und auf jeden Fall „Blowing in the wind“…

Aber ich freue mich natürlich und sage zu…. schließlich wird es Zeit für Locals und Zeit für Abenteuer.

Eine Woche später sitzen wir am Tisch warten auf Pete, den anderen Gast zum Dinner in Dans Haus. Wie immer, so erzählt mir Dan, kommt Pete zu spät… als er ihn gestern angerufen hat um ihn zum Dinner einzuladen, hat Pete gefragt: „Was gibt’s?“ Wir lachen beide darüber und schon klingelt es an der Tür… Pete ist auch schon über das Rentenalter hinaus, hat ein gewinnendes Lachen und eine unkonventionelle Art. Ich beantworte die üblichen Fragen zu meiner Person und genieße den Spaß den wir dabei haben. Nach dem Dinner schauen wir einen Film. Dan sieht seit 2 Monaten seines Strohwitwendaseins eine Serie und er ist ganz gefesselt von der Geschichte und gespannt wie es weiter geht. Natürlich wird der Streifen auf eine große Leinwand gestraemt (oder wie das heißt), fehlt nur noch Popcorn. Ich kenne den Streifen nicht und wie ich nach ca. 10 min so in die Runde schaue, merke ich das Pete schief auf der Couch hängt und schläft. Ich stupse Dan an… der winkt nur ab und meint : „Allways“. Wieso schauen die zwei dann Filme, wenn Pete eh einschläft. Egal, 9pm machen wir uns auf den Weg zur angekündigten Musiknacht. In Opuas Hügeln brennen keine Straßenlaternen und es ist „Kuhnacht“. Ich bin so froh, dass ich das Auto habe, das hat nämlich Licht. Ich folge Dan….

Das Haus ist kleiner als Dan, was leicht ist…. und es sieht aus, wie man sich ein Haus von Menschen „close by music and art“ vorstellt. Bilder, Instrumente, bunte Kissen, verschiedenen Stühle und natürlich alles ordentlich ein gestaubt. War ja klar. Der Tisch in der Mitte hat Chips, Dips, Bier und Wein und selbst verständlich Gläser. Ich mache die Runde und begrüße die Herrschaften. Auch wenn ich dieses Jahr die 5 vor die 0 stelle, ich bin ganz sicher die Jüngste, oder sehe zu mindest so aus…. Alkohol, Drugs and Rock`n Roll hinterlassen ihre Spuren. Aber ich schiebe die Gedanken zu Seite und lasse das Gesamtbild auf mich wirken. Als die Musik beginnt, freue ich mich, dass der Freitag Abend so großartig ist. Da ich nicht Textsicher bin, bleibt es nur beim Zuhören. Mit dem Bier in der Hand, lehne ich mich zurück.

9.30 pm hören die Noten auf durch den Raum zu schwingen und ich werde aufgefordert mich der gesellige Runde im Freien an zu schließen. Ich verneine. Ich bin ja so froh, dass ich nicht mehr Rauche und auch keinen Gedanken mehr daran verschwende. Und schon bin ich ausgeschlossen. Ich bleibe stark und vertiefe mich in ein Bildband des Rolling-Stone-Magizin…. passt zu dem Ganzen hier.

Als Dan aufbricht, bin ich auch ganz schnell auf den Beinen und in meinem Mantel. Ich verabschiede mich und wenn es auch schön war, meine Welt ist es nicht mehr, oder war es vielleicht auch nie. In meiner Penne-zeit hatte ich zwar auch Blumen im Haar, aber seit dem habe ich mich wohl doch verändert….

Mit Pete verabrede ich mich zum Segeln. Ich möchte unbedingt wissen, ob ich seekrank werde. Sollte ich in der Zukunft ein Angebot zum Mitsegeln bekommen, wäre es nicht so schlecht, genau das zu wissen.

Am letzten Wochenende als Housesitter bin ich mit Pete im Hafen von Opua verabredet. Pünktlich wie immer, stehe ich mit meiner funktionellen und wetterfesten Kleidung und warte. Da kommt er auch schon in seinem alten Toyota….

So wird dann erst mal alles zusammen gesucht, was er braucht um ans Boot zu kommen. Es liegen mehr als 10 Boote in der Bucht und ich habe keine Ahnung welches mir den Sonntagsausflug versüßt…. mit einem kleinen Boot paddeln wir zum größeren….. ach Du mein liebes Lieschen… ich falle vom Glauben, das ist ein Boot??? Wo ist das Segel und wieso liegt es so tief im Wasser? Nu isses zu spät… ich bleibe höflich und vertraue darauf, dass Pete auch an seinem Leben hängt, denn schließlich sitzen wir „im selben Boot“. Auch bin ich eine gute Schwimmerin, wir sind nicht auf hoher See und die Bay of Island hat überall kurze Wege zurück an Land… trotzdem, das war wohl nicht die Beste meiner Ideen, ich möchte zurück!!!!!

Wenn wir das Wasser aus dem Kahn schöpfen, gewinnen wir an Höhe“….Das issn Scherz,oder? Nee! Durchatmen, Dreali, Alles wird gut. Ich steuerbord und schippe. Im Boot schwimmt jede Menge Unrat, ich entsorge, aber natürlich nicht ins Meer. Das wäre eine Beleidigung für das türkisblaue Nass. Nach einer gefühlten Stunde schippen und organisieren des Mülls, sind wir startklar.

Dieser primitive Knüppel da ist tatsächlich ein Mast und das Leinentuch ein Segel… Pete erzählt stolz, dass er das alles zusammen mit seinem Sohn gebaut hat… alle Teile die irgendwo herumlagen oder leicht zu besorgen waren. Pete war in seinem Berufsleben Töpfer und Maler und von Dan weiß ich, er war darin begnadet. So bunt und Avantgarde ist auch das Boot, in dem wir uns jetzt, Dank des Motors, am Heck fortbewegen. Dieser ist mit einem Strick im Kahn befestigt und bringt uns so langsam in Schwung. Ich schaue einfach in die Ferne als wir vor der Fähre den Hafen passieren… Alle kennen Pete und sein Boot, die Touris haben jetzt was zum Staunen und ein neues Foto fürs Album.

Das gehisste Segel hängt lahm in der Brise und der Motor tuckert uns gleichmäßig durch die Bucht. Von weitem sehen ich den Anlegesteg und Petes Haus. Zu diesem führt kein Weg, nur mit Boot erreichbar. In meinem Kopf fängt es an zu rotieren… wie jetzt… wir gehen doch segeln… Noch 200m und wir legen an.

Pete hat sein Haus an seinen Sohn weiter gegeben und der renoviert es gerade. Es hat Charme und mit dem neuen Anstrich und der neuen Einrichtung wird es sicher ein Schmuckstück. Jeden Tag fährt die Familie mit dem Boot zur Arbeit… beeindruckend. Schwierig wird es für die Kinder, die wenn sie älter sind, immer zurück in die Bucht müssen…

Wir trinken Tee und unterhalten uns. Pete erzählt dass ich ein Fahrrad habe, dass schon 15 Jahre alt ist. Ich staune nicht schlecht, dass ihn dass so beeindruckt hat. Ich glaube er denkt, dass jeder Neukauf oder all das moderne Zeug nicht notwendig ist. Vielleicht hat er ja deshalb dieses Boot und kein anderes.

Er hat sich in das Haus seiner Schwester auf dem Hügel zurück gezogen, damit die junge Familie Platz hat. Wir steigen also den Berg hinauf und betreten Petes Reich. Das Boot war also nur das Vorspiel… so kann man leben, ich bin mit einem Schlag regungslos. In meinem Kopf rotiert es erneut. Wie komme ich aus dieser Nummer wieder heraus. Dank Handy kommt noch ein Freund von der Old Hippie Group zum Lunch dazu, der gerade mit seinem Segelboot in der Bucht ankert. Ich esse einfach und ignoriere meine Umgebung.

Man sieht mir mein Unbehagen an und die Frage ob ich mit Georg Segeln gehen kann, kommt für die Männer nicht überraschend.

Was habe ich mir nur dabei gedacht. Ich steige also mit Georg den Hügel wieder hinunter und wir rudern mit einer kleinen „Blechwanne“ zu seinem Segelboot.

Der Wind hat aufgefrischt und es geht nun endlich los. Vorbei am Hafen von Opua sind wir nach einer Stunden auch schon an der Bucht von Russel. Kaum ums Eck, hört der Wind auf ins Segel zu blasen und wir werden langsamer. Meine Befürchtung, seekrank zu werden hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Gut so. Es ist bereits 17 Uhr und ich habe genug erlebt für diesen Tag. Georg macht Witze: Wenn der Wind nicht zurück kommt, müssen wir hier übernachten. Jetzt reicht es mir. Mein Kopf verfärbt sich und wenn er könnte, würde er jetzt 2 m Abstand nehmen, so zur Sicherheit.

Sofort, ich betone, Sofort möchte ich an den Strand. Georg ist gebürtig aus Deutschland und versteht alles, egal ob ich es in deutsch oder, von ihm bevorzugt, in englisch verdeutliche.

Was ist das nur für ein Welt. Aber dieses Erlebnis habe ich gebraucht. Eine Mitreise mit dem Segelboot egal wohin oder wie lange, will überlegt sein. Mann ist dann mit den Menschen auf engstem Raum zusammen und kann nicht einfach aussteigen. Kommt einer Ehe gleich!

Als wir in Russel an Land gehen, sage ich Tschüß und trampe zurück nach Opua, wo mein Auto steht. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie erleichtert ich war, Boden unter den Füßen zu spüren.

Als ich am nächsten Tag diese Geschichte Eileen erzählte, fragte sie mich, ob ich bissl naiv sei. Wenn ich so nachdenke, kann das schon sein. Ich glaube immer an das Gute und das Gelingen einer Sache…. da ist er wieder mein unbegrenzter Optimismus. Aber sie hat recht, ich sollte in Zukunft mit solchen Aktionen vorsichtiger sein…. auch wenn es ein lustige Story im Blog wird. Allet für de Blog!!!

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